Die Taverne zum torkelnden Orken

Eine vermummte Gestalt betrat völlig durchnässt die Taverne. Das Gesicht war von einer Kapuze verdeckt. die wenigen Tavernengäste sahen den Fremden an. Das Mißtrauen war ihnen deutlich aus den Gesichtern zu lesen. Der Fremde achtete nicht darauf und ging zum Thresen. "Gebt mir euren Besten Wein!" sagte er mit tiefer Stimme zum Wirt. "Wenn ihr euch diesen überhaupt leisten könnt!" gab dieser zurück. "Wollt ihr an meiner Zaqhlungsfähigkeit zweifeln, Narr?" sagte der vermummte trocken und hob eine Behandschuhte Hand. Der Wirt gab ein Röcheln von sich und brach auf dem Boden zusammen, während er nach Luft schnappte. Der Fremde senkte die Hand wieder und der Wirt konnte wieder atmen. Tiefe Luftzüge nehmend stand er auf, das Gesicht bleich wie ein Toter. "I-Ich bringe den Wein, Herr." stotterte er zittrig. Der Fremde sagte nichts und setzte sich an einen freien Tisch.

"Nun gut, denn trotzdem vielen dank" Der Elb wollte sich gerade abwenden, als die sich die Szenerie mit dem unbekannten plötzlich abspielte. Ein wenig verschreckt beobachtete er das geschehen und entschloss sich dann, sich zu dem unbekannten dazu zu setzen. Er setzte sich an den Tisch sodass er dem Unbekannten mit der Kaputze direkt in die Augen schauen konnte. "Was ist denn in euch gefahren, dass ihr ein derartiges Verhalten aufweist? Sehen sie nicht, welch ein unrecht sie diesem braven Wirt getan haben?"

Man hörte ein tiefes, unangenehmes Lachen. "Leg dich nicht mit mir an, Elb." sagte der Fremde nur kühl. "Du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast. Geh lieber und kuschle mit deinen Bäumen oder streite mit einem betrunkenen Zwerg, aber geh mir nicht auf die Nerven!"

Der Elb zog die Augenbrauen hoch und ließ ein leises seufzen hören. "Wie ich sehe, werde ich im moment mit einem Gespräch mit euch nicht weiterkommen. Ich rate ihnen allerdings, dass sie ihren Umgang mit den anderen Leuten verbessern sollten. Und falls ich ein derartiges Verhalten euerseits wieder mitbekommen sollte, werde ich mich gezwungen fühlen einzugreifen. Einen schönene Tag noch." Der Elb erhob sich und verließ mit raschen Schritten den Raum. Er band das Pferd los und machte sich weiter auf die suche nach Xatras.

Branagorn, der Elb, saß an seinem Platz und besah sich ungerührt das Geschehen in der Taverne. Das Verhalten des Vermummten hatte er gesehen, doch hielt er sich da heraus. Statt dessen trank er sein Bier und wartete. Neben ihm lag seine Leier auf einem Stuhl. Er würde später wieder spielen und für seine Liebste singen. Auf sie wartete er schon die ganze Zeit. Liana war die Bedienung in der Taverne und ein wundersvhönes elbisches Mädchen. Sie war - für elbische Verhältnisse - sehr jung, gerade erst 230 Jahre, also jünger als Branagorn. Doch ihn störte das wenig. Auch er war ein sehr junger Elb. Er liebte Liana über alles. Sie war wunderschön. Ihr blondes, schulterlanges Haar war wie seidiges Gold, wenn es ihm Wind wiegte. IHre silbernen Augen strahlten Jugend, Leidenschaft und Weisheit aus. Ihre schlanke Taille schmeichelte jedem männlichen Auge. Branagorn lächelte still, als er an sie dachte und daran, wie sie ihn später anlächeln würde, wenn sie Feierabend hatte. Dann würde sie ihn küssen, ihre Lippen auf die seinen drücken und sein Tag wäre gerettet. Mit diesen Gedanken griff er nach seiner Leier. Es war an der Zeit, Leben in die Bude zu bringen. Er stimmte eine alte elbische Ballade an:

Branagorn schwieg kurz. Die Tavernengäste klatschten begeistert. Seine Liebste lächelte ihm zu. Branagorn war zufrieden mit seinem Leben und genoss den Applaus.

Baromir betrat gerade doe Taverne, als der Sänger aufhörte zu spielen. Der Mensch staunte wieder einmal nicht schlecht über den Wohlklang einer elbischen Stimme. Er ging zum Thresen, bestellte sich ein Bier und suchte sich einen freien Platz. Er setzte sich hin und zündete sich eine Pfeife an. Die anderen Tavernengäste klatschten gerade den Applaus für den Elben. Baromir fiel in das Klatschen ein, auch wenn er wenig von dem Lied mitbekommen hatte.

Branagorn lächelte seiner geliebten Liana verliebt zu und verbeugte sich vor den applaudierenden Tavernengästen. Seine Leier legte er beiseite. Nun rief er den Wirt zu sich. "Ein Bier bitte!" sagte er. Der Wirt nickte und brachte ihm prompt das bestellte Getränk. Der Elb trank genüsslich, während er sich die anderen Gäste genauer besah. Dabei bemerkte er einen befremdlich aussehenden Menschen in der Menge. Dieser trug mittellange Haare und hatte einen Bart. Er sah aus, wie ein Waldläufer. Was einer dre Waldläufer wohl hier sucht? fragte sich der Elb. "Ihr da!" sprach er den Menschen an, "kommt doch mal her und trinkt einen mit einem Elbischen Abenteurer!"

Baromir stutze erst einmal, als der Elb ihn ansprach. Dass er gemeint war, war ihm klar, denn er schaute ihm direkt in die Augen. Baromir setzte sich zu dem Elben. "Was gibt es denn?" fragte er.

"Nichts, ich will euch nur zu einem Getränk einladen und etwas über euch und die Gegend hier erfahren." erwiderte der Elb mit seiner freundlichen Art. Er hob seinen Humpen an und trank einen kräftigen Schluck. Dann wandte er sich wieder an den Wirt. "Bringt uns hier zwei Bier!" Der Wirt brachte die Humpen bald. Dann sprach Branagorn wieder den Menschen an. "Ihr seid ein Waldläufer?" fragte er.

Baromir nickte dem Wirt zu, nahm das Bier. Dann fragte der Elb ihn etwas. "Ja, ich bin ein Waldläufer. Ich vermute mal, ihr seid ein Krieger?" erwiderte der Waldläufer.

Branagorn schüttelte lachend den Kopf. "Ich mag zwar bewaffnet sein, aber ich bin beruflich nicht gebunden, heißt, ich bin arbeitslos. Wüsstet ihr denn, wo man hier Arbeit findet?"

Branagorn nahm einen Zug aus seinem Humpen, ehe er weitersprach: "Da müsst ihr euch nur mal umschauen. Es gibt zahlreiche Arbeitgeber hier auf der Insel. Fragt einfach mal kundige Leute wie den Wirt hier. Oder ihr werdet selbstständig, wie ich."

Branagorn wirkte verwirrt. "Wie, selbstständig?" fragte er, "ein eigenes Unternehmen gründen?"

Baromir nickte. "So ähnlich." sagte er, "Ihr könnt als Jäger umherstreifen und Felle und Leder verkaufen, als Schmied Waffen herstellen oder bei jemandem in die Lehre gehen. Oder ihr sucht euch eine Gruppe Abenteuerer und jagd das Glück und das Gold."

Branagorn grinste. "Das mit den Abenteuern wäre was für mich. Kennt ihr Abenteurer?"

Baromir erwiderte das Grinsen. "Ich wusste, das ist was für dich. Ich suche zufällig einen Begleiter für ein kleines Abenteuer. Ich will in Bälde auf eine andere Insel rüber, dort soll es was zu holen geben."

Branagorn überlegte. "Und wann soll das ganze losgehen? Weil ich gedenke eher, noch eine Weile in Bramgard zu bleiben."

Baromir nickte erneut. "Ich bleibe ja auch noch eine Weile hier. Die Reise zu den anderen Inseln trete ich erst später an." Er zündete sich eine Pfeife an. Dieser Elb erschien ihm sympathisch. "Ich will aber demnächst nach Balgaran, dort soll es einen ausgezeichneten Waffenschmied der Zwerge geben."

Balfur betrat die Taverne. Blicke wandten sich ihm zu, doch keiner sprach ihn an. Der Magier ging zum Thresen. "Kennt ihr zufällig mutige Abenteurer, die bereit wären, mich auf eine Expedition zu begleiten?" fragte er den Wirt. Als dieser verneinte, setzte sich der Magier seufzend an einen freien Tisch.

Rune betrat leise die Taverne, denn sie wollte kein Aufsehen erregen. Mit zu Schlitzen verengten Augen blickte sie sich um.
Er war also noch nicht da. Hinter ihrem Tuch, welches ihr Gesicht bis zur Nase verdeckte, schnaubte sie frustriert. Heute war einfach nicht ihr Tag. Sie fragte sich sowieso, warum der Auftraggeber ausgerechnet sie treffen wollte. Eigentlich nahm Grim diese Aufgabe wahr. Ihr Verhandlungsgeschick war nicht gerade selbstsicher und überzeugend. Hoffentlich ließ sie sich nicht über den Tisch ziehen.
Der Wirtsraum war nichts neues für Rune. Sie war schon oft hier gewesen und konnte jeden einzelnen Tisch sogar im Dunkeln ohne Probleme finden. So winkte sie nur kurz in Richtung des Tresen, um sich ein Bier zu bestellen und schlenderte gelassen zu einem freien Tisch. Der Letzte, wie sie schnell feststellte.
Mit einem Plumps ließ Rune sich auf einen etwas abgerückten Stuhl fallen. Dieser wirkte, als ob vorher jemand dort gesessen hatte, ohne den Stuhl an seinen ursprünglichen Platz zu rücken. Dann warf sie mit Schwung ihre Füße auf eine Tischkante und nahm zuerst die Kappe ab. Zum Vorschein kamen kurze silberblonde Haare, die wirr von ihrem Kopf abstanden. Das Tuch zupfte sie ebenfalls zurecht und entblößte ein mit Dreck verunstaltetes Gesicht. Sie war ständig dreckig und nur für ein Treffen würde sie bestimmt nicht ihre tägliche Ration Waschwasser opfern.
Ungeduldig fing ihr Fuß an zu wippen, während sie sich fragte, wann der mysteriöse Fremde wohl auftauchte. Sie war flink, clever und fast tollkühn. Alles Eigenschaften einer guten Diebin. Jedoch wollte sie die Beste sein, darum feilte sie ständig an ihren Fähigkeiten. Leider blieben die erwarteten Erfolge aus. Aus diesem Grund war sie nun hier, sie hoffte durch diesen Auftrag namhaft zu werden. Ein unbekannter Dieb war gar keine Dieb. Das sagte jedenfalls Grim immer.
Wieder wanderte ihr Blick durch die Taverne, doch bemerkte sie nichts außergewöhnliches. Vereinzelte Gäste tranken ihr Bier und an einem nicht weit entfernten Tisch waren ein Elb und ein Mensch in ein Gespräch vertieft. Auch sie fiel in diesem Raum nicht besonders auf, war sie doch gekleidet wie ein Mann und benahm sich wie ein Mann.
Während dieser ganzen Zeit bewegten sich nur ihre Augen, ihr Kopf sowie der Körper blieben in der vorherigen Position, so dass es aussah als starre sie auf ihren wedelnden Stiefel. Während sie ihre Augenprüfung durch die Taverne unternahm, schnappte sie schleppende Schritte auf, die sich ihr näherten bis ein Bierkrug mit solcher Wucht auf die Tischplatte direkt vor ihr geknallt wurde, das die Hälfte des Inhaltes herausschwappte.
Sofort fokussierten ihre kalt wirkenden Pupillen den Verursacher.

Baktjar schaute sie griesgrämig an.
Was machte der hier zu suchen? Das war ja mal wieder typisch er. Immer musste er sich einmischen und ihr nachschnüffeln. Mit einer eindeutigen Geste deutete dieser auf den Eingang.
“Du kannst gehen. Ich übernehme den Auftrag.”
Seine schneidende Stimme sprach Bände. Ihm passte es nicht, das der Auftraggeber ausgerechnet sie auserkoren hatte.
“Kommt nicht in Frage. Es wurde nach mir verlangt und ich habe nicht vor, mit DAS von DIR wegnehmen zu lassen. Also hast du dir den Weg hierher umsonst gemacht.”
Gelassen schaute sie zu, wie sich die Farbe seines Gesichtes von blassrosa zu feuerrot veränderte. Er war wütend, aber das störte Rune nicht im geringsten. Die Frage war wohl eher, wann war er nicht sauer auf sie. Gleich nach Carbens Tod hatte Baktjar eigenhändig die Führung der Falkanbande an sich gerissen. Trotzdem beeindruckte das sie nicht sonderlich, dafür hatte sie selbst mit ihren jungen neunzehn Jahren schon zuviel durchgemacht.
“Rune.”
Baktjars Ausdruck wirkte plötzlich tückisch.
“Du bist doch ein cleveres Kerlchen! Meinst du nicht, du solltest solche Sachen den großen Männern überlassen.”
Bei diesen Worten zuckte ihr eines Augenlid verräterisch. Ihre Wut kroch langsam den Rücken hoch, hatte aber den Rand noch nicht erreicht. Mit einer Ruhe, die selbst Grim überrascht hätte, nahm sie den Krug, prostete ihm kurz zu und trank genüsslich einen großen Schluck. Beim Abstellen folgte ihre Antwort in einer sarkastischen Tonlage.
“Männer? Welche Männer meinst du? Dich kannst du ja wohl nicht meinen.”
Um ihren Worten Ausdruck zu verleihen, wandte sie sich zu allen Seiten um und heftete dann aber ihren Blick wieder auf ihn.
Es war kein Geheimnis, dass sich Rune und Baktjar nicht besonders mochten, aber leider waren sie hier im Bramgard auf einander angewiesen. Nur deshalb tolerierten sie sich.
Der Dieb, welcher nun ihr gegenüber Platz nahm, trommelte heftig mit den Fingern auf dem Tisch herum. Rune wusste, dass er diese Bewegung mit Absicht machte. So wurde ihre Sicht automatisch auf seine Hand mit dem Schmuckstück gelenkt. Ihr Ziel glänzte ihr entgegen. Jedesmal hielt er ihr den begehrten Ring unter die Nase. Baktjar war mit seinen 24 Jahren der jüngst Meisterdieb von Bramgard und der Beste der Insel noch dazu. Als Beweis erhielt er von seinem Vorgänger den Meisterring der Diebe. Auf den Erhalt dieses Stückes arbeitete sie hin und war ihr Ziel.
“Treib es nicht zu weit, Rune! …”
Nun klang seine Stimme nicht mehr tückisch oder reizend, sondern bebte vor Zorn.
“… Du bist zwar ein guter Dieb, aber ersetzbar. …”
War das eine Drohung?
“… Du solltest mich lieber als Anführer akzeptieren und respektieren. Denn sonst stehst du vielleicht wieder alleine da.”
Das brachte sie erst Recht auf, ihr Atem kam nun stoßweise. Am liebsten hätte sie mit ihrer Faust sein allseits beliebtes Gesicht demoliert. Sie wusste, dass das eine Taktik von ihm war und leider sprang sie darauf an. Mit Zählen versuchte sie ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen und damit ihren Puls zu beruhigen.
“Respektieren? Ich dulde dich nur und meinen Ausstoß aus der Bande würde Grim niemals zulassen. Ihr habt beide das gleiche Stimmrecht, wie du sicher weißt?”
Ein selbstgefälliges Grinsen konnte sie sich einfach nicht verkneifen. Doch in Gedanken fragte sie sich, wann denn endlich der Auftraggeber aufkreuzen würde. Ihre alles wahrnehmenden Augen glitten langsam durch den Raum und blieben an jedem Gast haften. Die Person wurde kurz von ihr analysiert und wenn er aus dem Schema ausschied, wanderte sie getrost weiter. Leider gab es auch Personen, auf welche die Beschreibung passte. Und diese würde sie weiterhin im Auge behalten.

Branagorn nickte erneut. "Ich würde euch gerne begleiten, wenn ich darf." sagte er. Er wollte endlich wieder etwas erleben und das konnte er nur außerhalb der Stadt, soviel hatte er bereits gemerkt.

"Gerne." erwiderte Baromir. "Morgen früh gehts los." dann stand er auf und ging auf sein Zimmer. Er wollte sich noch ein wenig hinlegen.